Agathe Chebassier

Frankreich

Agathe Chebassier (*1998 Paris) lebt und arbeitet in der französischen Hauptstadt. Ausgebildet wurde sie großteils im Atelier von Olivier Masmonteil, in dem auch die Künstler:innen Lara Bloy und Alexandre Lichtblau mitarbeiten beziehungsweise im selben Gebäude ihre Ateliers haben. Am Programm standen dabei vor allem auch das Erlernen klassischer Techniken mittels Aktzeichnen und dem Kopieren alter Meister sowie das Arbeiten mit verschieden Malmitteln und Materialien, aber auch ganz praktische Dinge, beispielsweise wie man eine Ausstellung organisiert und eine Rechnung ausstellt, erzählt Chebassier. Was sie an dieser Ausbildungsform schätzt, ist das Miteinander der Studierenden von Masmonteil, während man an den Akademien oft auf sich allein gestellt ist. „Diese Art von Synergie ist, glaube ich, in Frankreich ziemlich einzigartig“, so die Künstlerin. Chebassier erlernte bei Masmonteil die Basis des künstlerischen Handwerks von der klassischen Ölmalerei bis hin zur Kohlezeichnung. Beeindruckend ist, dass die junge Künstlerin bereits eine individuelle Formensprache entwickelt hat, sowohl in der Bildkomposition als auch in der Farbgebung. Sie arbeitet gerne in Serien und so zeigt sie auch im Hangar-7 in Salzburg sowohl Landschaften, Sonnenblumen als auch die Serie „Le Vertige“. Wirken die Sonnenblumen eher traditionell gemalt, so entwickelt sie in den Pflanzendickichten und figurativen Bildern eine eigene Farbigkeit von neonfarbigen Blau- bis Orangetönen, die sie in besonderer Weise im Bild zusammenfügt. In den Landschaften tauchen Wege auf, die in ein nicht näher definiertes Dickicht führen. Leuchtend orange, blau oder türkis scheint die Landschaft wie von einem Scheinwerfer in der Nacht angestrahlt, fluoreszierend und ein wenig unheimlich. Bewegt man sich noch auf sicherem Terrain? Fragen nach der Balance, dem Gleichgewicht sind immer wiederkehrende Themen im Werk der Künstlerin und zeigen sich insbesondere in ihren figurativen Arbeiten. Dabei agieren ihre überlängten Figuren auf einem bühnenartigen Terrain. Unter ihren langen Kleidern verbergen sich Stelzen, auf denen sie gehen, stehen und balancieren. Sie sind mittels schwarzer Linien angedeutet. Mit einem Zusammenspiel von Lineament und gestisch gesetzten Farbflächen entwickelt Chebassier eine bewegte Komposition und durch die ungewöhnliche Wahl der Farben auch eine besondere, dunkle und dennoch speziell lichterfüllte Atmosphäre. Ihre Bildkonzepte schöpft sie aus der interdisziplinären Welt der Commedia dell’arte, aber auch aus dem Kino, der Fotografie und dem Tanz. Das schwebende, prekäre Agieren ihrer Serie „Le Vertige“ ist auch beeinflusst durch die Performances des französischen Choreographen und Künstlers Yoann Bourgeois. Schwerkraft und Schwindel, das Fallen und Wiederaufstehen stehen im Fokus seiner zum Teil atemberaubenden Tanzperformances, die sich ähnlich wie in Chebassiers Bildern in eigens dafür entwickelten Bühnenbildern abspielen. Es geht um das Thema Gleichgewicht und auch um die sozialen Kodierungen, die damit verbunden sind. Ebenso wie um die Erkenntnis, dass der Zustand der Stabilität im emotionalen Sinne immer nur für einen kurzen Moment erreichbar ist und leicht kippen kann. Doch Chebassiers Akteur:innen stürzen nicht, sie scheinen sich souverän im Gleichgewicht zu halten – und wirken doch ein wenig wie Schachbrettfiguren, allein im großen Gefüge der Welt, dessen Einflüssen man sich nicht entziehen kann.