Martin Praska
Österreich
„Wie soll man malen? Was soll man malen? Warum malt man überhaupt?“ Auf die vom Künstler selbst gestellten Fragen gibt Martin Praska in einem Statement anlässlich seiner Einzelausstellung in der Galerie Gans 2022 gleich selbst die Antwort: „Ich selber male, um etwas Neues, Ungesehenes zu schaffen, das gleichzeitig an Bekanntes, Allzubekanntes erinnert. Ich zitiere gerne Werke bekannter Meister, um mich an ihnen festzuhalten, um auf die Schultern von Riesen zu steigen und dann einen kleinen Hüpfer zu wagen, möglichst ohne auf dem Bauch zu landen.“ Und das tut er gewiss nicht. Praskas künstlerische Formensprache ist markant, farbenfroh und von großem malerischem wie grafischem Können geprägt. Er ist ein Vertreter der figurativen Gegenwartsmalerei, verbindet jedoch stets spielerisch Abstraktes mit Gegenständlichem, grafisches Lineament mit malerischem Farbauftrag. Geboren 1963 im deutschen Wiesloch, studierte er Malerei an der Akademie der bildenden Künste Wien. In einem Umfeld, wie er erzählt, in dem die Malerei einmal mehr in Frage gestellt wurde. Doch seine Bilder sind ein unmissverständliches Bekenntnis zur Malerei – und zum Figurenbild. Praska entwickelt spannungsvolle Kompositionen auf der Leinwand, die einmal nahezu illusionistisch in die Tiefe führen und ein anderes Mal eine eher vertikale Architektur aus Farbflächen bilden. Eine Konstante in seinem Werk ist das Zitieren kunsthistorischer Motive – und er macht dies in einer sehr individuellen Form. Bekannte Darstellungen wie Egon Schieles Zeichnung seiner Frau Edith oder das Mädchenbildnis von Eugène Delacroix löst er aus dem ursprünglichen Kontext und kombiniert sie mit seinen eigenen Frauenbildnissen, die er nach Modellen malt. Zeitgenössische Ästhetik prallt so auf jene „Alter Meister“. Dabei interessiert ihn nicht die von ihnen dargestellte Narration, die Mythologie oder der historische Kontext. Sondern allein die Haltung, der Gesichtsausdruck der in den Gemälden dargestellten Personen. Besonders interessant wird es, wenn Martin Praska Landschaften aus Grafiken oder Gemälden etwa von Albrecht Dürer oder Pieter Bruegel zitiert. Hier orientiert er sich nicht an den Hauptsujets dieser spätgotischen Meister, sondern an deren Hintergründen – Stadtlandschaften, Gebirge, kleine narrative Details aus dem damaligen Alltagsleben. Diese werden von Praksa leinwandfüllend in einem Blow-up-Verfahren auf die Leinwand gesetzt und bilden eine Art Bühne, in die er seine Protagonist:innen hineinsetzt und so eine völlig neue Geschichte erzählt. Das spielerische Zitieren von Elementen der Kunstgeschichte ist kein Phänomen der Gegenwart, Praska steht hier ganz klar in einer malerischen Tradition. Denn bereits Peter Paul Rubens wusste sich meisterlich an der Formensprache und Motivwelt von der Antike bis zu seinen Zeitgenossen zu orientieren – nur um daraus selbst etwas Neues zu generieren. Das Zusammenspiel von Vergangenheit und Gegenwart lässt jedoch den Schluss zu, dass grundlegende Fragestellungen an die Malerei auch heute noch relevant sind. Eine Konstante in den Bildern Praskas ist das Bildnis der Frau, der weibliche Körper, als Akt oder versunken auf dem Sofa liegend, lesend, oder in Rückenansicht wiedergegeben. Dass der männlich konnotierte Blick auf den weiblichen Körper heute durchaus in der Kritik steht, ist ihm bewusst – und er bringt das Thema auch selbst ins Gespräch. Auch um darauf hinzuweisen, dass man diesen Diskurs auch hinterfragen darf, denn letztlich geht es ihm um die Malerei per se. Politische, gesellschaftliche Themen mit der Kunst zu transportieren, liegt ihm fern. Und dennoch steht er als Künstler und Mensch immer mitten in den Fragen der Zeit. „Die Kunst ernährt sich von sich selbst“, ist Martin Praska überzeugt. „Alles, was wir tun können, sind Variationen von Vorhandenem. Das eigentliche Ziel ist immer ein gelungenes Stück, das vorher so noch nicht da war. Keine Ideologie, keine Sozialkritik, keine Larmoyanz über den Zustand der Welt will ich in den Bildern. Ich will eine Befreiung von all dem, kurz gesagt Katharsis. Es gibt dazu keinen anderen Weg als über die Sinnlichkeit. Das ist eine Gratwanderung zwischen Begehrlichkeit und Kontemplation. In dieser Ambivalenz liegt die Kunst. Die Kunst selbst ist die Message“, schrieb Martin Praska 2022. So beginnen seine Bilder auch zunächst als abstrakte Kompositionen. Die immer wiederkehrende Ellipsenform bildet ein Art primum movens, auf dem er weiter aufbaut. Ihre bislang exakte Form ist in den neuen Bildern einer freieren Darstellung gewichen. Charakteristisch für Praskas künstlerische Praxis ist die Verbindung verschiedener Techniken und eine vielfältige Farbpalette bis hin zur Reduktion auf Schwarz und Weiß. Formale Überlegungen zu den klassischen Parametern der Malerei wie Farbe, Raum und die Darstellung des Körpers stehen dabei im Vordergrund. Doch sind seine Bilder alles andere als formalistisch, sondern extrem sinnlich, verführerisch und bewahren stets noch den Hauch eines Geheimnisses.