
Mathilde Lestiboudois
Frankreich
Das Interesse von Mathilde Lestiboudois (*1992 Evreux/Frankreich) gilt Räumen, architektonischen Strukturen und Fragmenten wie Säulen, Treppen, Wasserbecken, Bögen, aber auch herkömmlichen Einrichtungsgegenständen wie Stühlen oder Betten. Diese platziert sie auf geometrischen gekachelten Fußböden oder in aberwitzig großen Räumen, die dadurch wie Bühnenbilder wirken – Orte zwischen Realität und Imagination. Die Malerei der Künstlerin, die an der École nationale supérieure des beaux-arts in Paris bei Jean-Michel Alberola und an der Universität der Künste in Berlin studierte, erinnert zuweilen an surreale Malerei und vermittelt, so die Künstlerin, eine prekäre Atmosphäre zwischen Ruhe und Anspannung. Sie lässt den Eindruck von Zeitlosigkeit entstehen, und dennoch könnte ein plötzliches Ereignis eintreten, jemand auf der Bildfläche erscheinen. Denn auch wenn der Mensch in den Bildern von Mathilde Lestiboudois ausgespart ist, ist er durch Versatzstücke präsent und deutet auf eine vergangene oder auch bevorstehende Handlung hin. Zumeist ist es ein Tuch, das auf einer Treppe liegt oder aus einem Becken ragt, das auf die Anwesenheit von Akteur:innen hinweist. Wie die drei drapierten Stühle, die mit Leintüchern abgedeckt sind, so wie man es früher gemacht hat, wenn man nach der Sommerfrische das Landhaus wieder verlassen hat. Langsam vergehende Zeit macht sich in den Bildern der Künstlerin breit und verleiht ihnen eine theatralische Dimension. Ihre Werke sind präzise und man merkt, dass ihr das Zeichnerische liegt. So war sie auch dieses Jahr auf der renommierten Messe für zeitgenössische Zeichnung „Drawing Now – Le Salon du dessin contemporain“ in Paris vertreten. Der Farbauftrag ist ohne jegliche Gestik. Nicht der Pinselhieb der Künstlerin ist gefragt, sondern die Beschreibung und Erfassung des Gegenstandes.
In ihrem Arbeitsprozess stellt Mathilde Lestiboudois den Dialog zwischen dem figurativen und dem abstrakt-geometrischen Raum her. Alltagsgegenstände erwachen zum Leben, beunruhigen, verblüffen und überraschen durch die Arrangements der Künstlerin. Ihre Bildräume sind schlichte Inszenierungen mit klaren Linien und sorgfältig arrangierten Möbelstücken und Architekturfragmenten, die zu einer Art Metapher werden, zum Symbol für Harmonie und ein drohendes Ereignis, während sich der Raum scheinbar ins Unendliche oder zumindest bis zur gemalten Horizontlinie ausdehnt. Die Künstlerin war bereits in zahlreichen Ausstellungen präsent und 2021/2022 Stipendiatin in der Casa de Velázquez in Madrid. Ihre Werke wurden in verschiedene Sammlungen aufgenommen, darunter die Sammlung Taller del Prado, die Sammlung der Casa de Velázquez und die agnès b. art collection.
